Bedingungsloses Grundeinkommen – Pro & Contra

Braucht Deutschland den Systemwechsel? Sollen wir das gewachsene deutsche Sozialsystem zugunsten eines bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) abschaffen? Diese kontroverse These diskutierten die CDU Ortsverbände Blankenese, Flottbek/Othmarschen und Nienstedten.

CDU Mitglied und Unternehmer Falk Röbbelen übernahm die Rolle des Fürsprechers. In seiner ausführlichen Präsentation setze er an bei der Frage der Gleichheit. Deutschland drifte auseinander. So steige zwar die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse, die Zahl der Vollzeitstellen nehme aber ab – der Niedriglohnsektor wachse.

Die Kosten des Sozialsystems kumulierten sich mittlerweile auf mehr als EUR 1.100 Milliarden. Davon käme aber ein Drittel gar nicht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern aus Steuermitteln. Dies wiederum führt laut Röbbelen zur Überkomplexität des deutschen Steuersystems. Zudem drohe durch die technologischen „Revolution“ ein Wegfall zahlreicher angestammter Arbeitsverhältnisse. 

Seine Lösung: Jeder erhalte in Zukunft EUR 12.000 p.a. sowie einen gleich hohen Freibetrag. Gleichzeitig werde das Steuersystem radikal vereinfacht. Sozialleistungen fielen überwiegend weg. Die Krankenversicherung werde ebenfalls vereinfacht. Auch ein Finanzierungsmodell wurde präsentiert. Im Endeffekt werden effizientere Systems eingerichtet und Ungerechtigkeiten aus der Welt geschafft. 

Ausgerechnet ein Sozialdemokrat, Hamburg ehemaliger Verdi Chef Wolfgang Rose, präsentierte die Gegenposition. Er argumentierte: „Sozialstaat und Sozialversicherung kosten etwa eine Billion Euro – die gleiche Summe wird zugleich für ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1000 Euro für alle benötigt. Beides geht also nicht. 1000 Euro monatlich für alle, vom Baby bis zum Greis, ohne Erwerbsarbeit – dafür keine Rente, kein Arbeitslosengeld, keine Pflegepauschalen usw.?

Das Grundeinkommen sichert gerade ein Leben knapp an der Armutsgrenze, und das nur, solange man fit und gesund ist. Wie viele Menschen zusätzlich zum Grundeinkommen arbeiten würden, ist schwer einzuschätzen. Arbeit ist ja nicht nur Einkommenserwerb, sondern auch Teilhabe und Selbstverwirklichung, und zwar umso mehr, je besser Arbeitsbedingungen, Mit- und Selbstbestimmung sowie gerechte Entlohnung sind – desto mehr die Arbeit also „gute Arbeit“ ist. Für die Unternehmen wäre es ein riesiger Lohnkostenzuschuss, denn sie würden die Gehälter mit dem Argument, jeder hätte ja schon 1000 Euro, entsprechend kürzen.

Die meisten Befürworter eines Grundeinkommens wollen die Menschen vor den Folgen der Digitalisierung schützen. Aber ist das wirklich realistisch? Selbstverständlich können technische Innovationen die Arbeitsproduktivität enorm steigern, so wie in vergangenen Jahrhunderten der Ochsenpflug, die Windmühle, die Dampfmaschine, die Elektrizität, das Fließband und seit 50 Jahren die Computertechnik. Arbeit ist heute zigfach produktiver als noch vor 100 Jahren. Trotzdem arbeiten heute in Deutschland mehr Menschen als je zuvor. In diversen neuen Branchen, aber vor allem im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen gibt es sehr viel nötige und sinnstiftende Arbeit in Erziehung, Bildung, Pflege, Gesundheit, Freizeit und Kultur.“

Abgestimmt wurde am Anfang und am Ende: Aus 66% zu 34% gegen das BGE wurde 58% zu 42% dagegen.

35 Teilnehmer in Präsenz und 15 Personen online diskutierten nach den Eingangspräsentation kontrovers mit vielen unterschiedlichen Meinungen. Die CDU wird die Debatte fortsetzen, denn sie berührt viele fundamentale Fragen der Reformbedürftigkeit unserer Sicherungssysteme.