Eine Wahlanlyse von Marcus Weinberg

Die dramatische Niederlage von CDU/CSU hat uns ins Mark getroffen. Hauptgrund ist in erster Linie eine massive Abwanderung von CDU/CSU-Wählerinnen und Wählern Richtung SPD, Grüne und FDP. Vor vier Jahren verloren wir in Richtung AfD und Nichtwahl, jetzt haben wir in der Mitte massiv verloren.

Die stärksten Verluste waren bei der Gruppe der „Angestellten“. Bei den jungen Wählerinnen und Wählern bis 35 Jahren liegen wir gerade einmal noch bei zehn Prozent. Hier sind Grüne und die FDP uns davongeflogen.    

Im Bund hat die CDU 7,9 Prozentpunkte verloren, in Hamburg bei niedrigerer Ausgangsbasis sogar 11,7 Prozentpunkte. Verloren wir auf Bundesebene zwei Wählerinnen und Wähler, so waren es in Hamburg drei! In Hamburg-Mitte hat die CDU über die Hälfte der Zweitstimmen verloren. Bei den 15 größten Städten Deutschlands belegen wir in Hamburg mittlerweile den letzten Platz bei den Erststimmen. Vor vier Jahren lagen wir noch auf Platz sieben.

In den sechs Hamburger Wahlkreisen sind die Ergebnisse vergleichbar.

Die geringsten Verluste bei den Erstimmen hatten wir im Wahlkreis Altona (-9,1) vor Nord (-9,7). Es folgen Wandsbek (-10,5), Mitte (-11,1), Bergedorf/Harburg (-11,2) und Eimsbüttel (-11,5).

Warum dieser Einbruch?

Zehn Gründe für die Niederlage

  1. Mit der wahrgenommene „Müdigkeit“nach 16 Jahren einer CDU/CSU geführten Bundesregierung gab es einen „Wechselwunsch“. Dieser war nicht so stark ausgeprägt wie 1998, aber durchaus wirkend.
  2. Es gab keinen neuen personellen oder inhaltlichen „Impuls“während der laufenden Legislaturperiode. Eine Veränderung im Kabinett und eine damit verbundene neue „Geschichte“ fehlte.
  3. Die durchaus guten Ergebnissein einzelnen Punkten der Koalition konnten nicht entsprechend kommuniziert werden.
  4. Der Maskenskandal
  5. Die CDU kam seit der Wahl der neuen Bundesvorsitzenden im Dezember 2018 personalpolitisch nicht zur Ruhe und die personellen Entscheidungen wurden nie geschlossen angenommen.
  6. Die kritisch von den Wählerinnen und Wählern wahrgenommene Entscheidung für den Kandidaten Armin Laschet war „problematisch“.
  7. Das Programm hat keine Geschichte erzählt.Konkrete Antworten auf die aktuellen Themen wie die Bekämpfung des Klimawandels oder der Frage der sozialen Gerechtigkeit kamen zu spät oder haben ganz gefehlt. Scholz und die SPD hatten u.a. 12 Euro Mindestlohn oder den Neubau von vierhunderttausend neuen Wohnungen als einfache und sich wiederholende Ansagen.
  8. Die Themen der „sozialen Sicherheit“(Einkommensentwicklung, Mietenentwicklung, Rente)waren unterbelichtet. Bei den Themen Klimapolitik und soziale Sicherheit haben wir keine Kompetenz im Vergleich zu den Mitbewerbern schaffen können, bei den traditionellen Kompetenzthemen Wirtschaft/Finanzen sind die Werte eingebrochen.
  9. Der Merkel-Faktor fehlte.
  10. Wir hatten eine unklare Kampagne(keine Deutungshoheit, keine Konkretisierung von Forderungen, etc…) mit vielen Fehlernim Gesamtbild. Wir wirk(t)en uninspiriert und langweilig.